Mein Verwirrspiel um den Autor
Warum? Im Informationslärm unserer Tage blieb mir nur die Option, leise laut zu sein.
Denn dass der Mensch einfachen Gesetzen der Evolution folgt, wenn er seine natürlichen Lebensgrundlagen immer mehr zerstört, wissen viel zu wenige. Solange nur wenige diese Mechanismen kennen, werden sie ihre Wirkung weiter entfalten, mit schrecklichen Konsequenzen für uns alle. Ist Ihnen Ihr Dasein und das Ihrer Lieben lieb, dann geht Sie das doch etwas an, oder?
Doch wie sich Gehör verschaffen? Es hilft auch der Story, dachte ich, um den Autor ein kleines Verwirrspiel anzuzetteln. Das machen nicht viele, also spricht man mehr darüber, wenn's dann doch rauskommt. Der Kniff, den Autor zum Teil des Plots zu machen, passt ja prima in eine Literaturgattung, die so gut und so lange wie möglich hinters Licht führen will. Dazu kommt ein weiterer Effekt, den ich ebenfalls wollte: Weil die Frage nach der wirklichen Autorenschaft Sie beschäftigte, als Sie das Buch zuklappten, beunruhigte Sie doch, was dieser Autor zu sagen hatte? Ich hoffe es jedenfalls, ich hoffe es sogar sehr. Denn wie Sie jetzt wissen: Ohne Gefühle kein Handeln ...
Irgendwann aber muss die Katze natürlich aus dem Sack. So sei denn kurz erzählt: Einen Priester namens Harald Bøttker, der in Trondheim gewirkt hat, gibt es nur in der Fiktion. Also ist auch Bøttkers Autorenschaft am Weichensteller fiktiv. Doch selbst wenn der echte Autor nicht auf den Namen Harald hört, haben der echte und der pseudonyme einiges gemeinsam. Harry (*1963) und ich (*1960) sind ungefähr gleich alt, kommen aus benachbarter Gegend, ich aus dem Münsterland, Harry aus der Gegend von Osnabrück. Beide sind katholische Theologen, beide verschlug es nach Norwegen. Ich habe es aber nicht bis zum Priester gebracht, sondern wurde nach dem Studium Lehrer nicht nur für Religion, sondern auch für Deutsch, Musik und Geschichte. Und später wurde ich noch etwas ganz anderes: Nämlich Klavierstimmer. Ob ich in meiner früheren Profession die Zeit gefunden hätte, den Weichensteller zu schreiben? Da bin ich mir nicht sicher.
Ich sah mich auch nie als Schriftsteller, obwohl ich durchaus hier und da mal was geschrieben habe. Von mir stammen zwei Dutzend Lieder, ein paar Gedichte, ein kleiner Märchenzyklus, ein Hörbuch. Die blieben aber Gelegenheitsarbeiten. Dann, im Frühjahr 2012, las ich dieses real existierende Buch von Bongard und Røskaft, das mich, sobald ich dessen Bedeutung verstand, bedrängte, an mir zerrte, mich schob, an mir riss. Der Inhalt suchte neue Form, die Form wurde Roman. Anfang 2015 war der Weichensteller endlich fertig. Damit habe ich möglicherweise auch eine neue Unteruntergattung erfunden? Fertig wurde ja eigentlich kein Krimi, sondern nur ein "Anschein-Krimi".
Ob ich noch einen "Anschein-Krimi" schreiben werde? "Sicher kaum!" Einen richtigen Krimi? "Nee, davon gibt's wirklich genug!" Noch ein Buch? "Vielleicht."
Ich tauge also nicht für traditionelle Verlage. Die können von Leuten wie mir nicht leben. Ich konnte schon immer nur schreiben, wenn's auch was wirklich Wichtiges zu sagen gab. So wie beim Weichensteller. So war das und so wird's wieder sein.
Bis vielleicht dahin
Ihr
Markus Maria Sorge
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